Calcit aus Ramingstein im Lungau.
Ein Bericht von Reinhold Bacher.
Mitte Februar verspürte ich nach ein paar arbeitsintensiven Tagen das dringende Bedürfnis, etwas im Freien zu unternehmen. Mein erster Gedanke war eine Schitour zu machen. Es war jedoch gerade in den letzten Tagen sehr kalt geworden, und der Gedanke bei minus 15 Grad auf dem Gipfel zu stehen, löste keine Begeisterung bei mir aus. Trotzdem musste ich raus um irgendetwas zu unternehmen und am besten sollte es noch mit Mineralien suchen verbunden sein. Doch wo Mineralien suchen, wo doch bei uns tiefster Winter und zusätzlich durch die Kälte alles gefroren war? Da fiel mir plötzlich ein, dass ich vor ca. 20 Jahren mit Gerhard Kocher in Ramingstein in mehreren Stollen unterwegs war, um diese zu fotografieren und zu dokumentieren. Natürlich hatte ich dort auch ein wenig nach Mineralien geschaut, aber Ramingstein ist mineralogisch für den Sammler von Kleinstufen aufwärts nicht interessant. Es gibt nur kleine Gipskristalle und ab und zu ein wenig Calcit. In einem von den Stollen in denen wir unterwegs waren, konnte ich damals jedoch eine nette Calcitstufe mit einem Kristall auf Matrix finden. Der Calcit hatte einen Durchmesser von ca. 3 cm. Seit diese Zeit bin ich nicht mehr in diesen Stollen gekommen. Ich habe zwar noch ein paar Mal darüber nachgedacht, dass ich diese Stelle noch einmal besuchen sollte, aber es ist nur bei dem Gedanken geblieben.
Doch das sollte nun nachgeholt werden. Denn diese Tour schien mir im Moment die beste Alternative zu sein und war auch nicht so zeitintensiv. Gut gelaunt begann ich meinen Rucksack zu packen - alleine schon das Rucksack packen ließ meine Sammlerfreude steigen. Die Anfahrt von Tamsweg dauert ja nicht lange, also war ich bald in Ramingstein und konnte mit dem Aufstieg beginnen. Zum Glück hatte ich es nicht allzu weit, denn im Wald war es steil und sehr eisig. Wir hatten einige Tage zuvor Tauwetter und dann kam die Kälte. Die Folge war ein sehr rutschiger und gefährlicher Aufstieg. Ich wusste nicht mehr genau wo der Eingang war und hoffte, dass ich ihn nicht zu lange in dem steilen Gelände suchen musste. Scheinbar hatte ich mir die Stelle des Stolleneinganges gut gemerkt, denn selbst nach fast 20 Jahren kam ich punktgenau dort hin.
Stolleneingang im Hintergrund und lustige Eismandl
Vor dem Eingang war ein kleines Felsplateau auf dem man bequem stehen konnte. Von dort aus ging ein höhlenartiger großer Eingang in den Berg hinein und erst in etwa 20 Tiefe ist der eigentliche Stolleneingang. An dieses beeindruckende Bild konnte ich mich überhaupt nicht mehr erinnern. Ich machte eine kleine Pause und genoss diesen Anblick. Für mich war der Tag schon gerettet, denn mit den Eisgebilden im vorderen Eingangsbereich hatte ich eigentlich schon genug schöne Eindrücke für diesen Tag. Als ich dann die Überreste von einem Bussardkopf im Eingangsbereich fand, war ich mehr als zufrieden, denn solche Erlebnisse hat man nicht oft.
Ziemlich großer Kopf von einem Bussard (vermute ich)
Nun machte ich mich bereit um den Stollen zu befahren. Den Rucksack mit dem Werkzeug ließ ich vorerst draußen, denn ich wollte mich vergewissern, dass es sich um den richtigen Stollen handelte. Allzu tief war die Fundstelle ja nicht, wie ich mich zu erinnern glaubte. Im Inneren des Stollens wurde ich auf tote weiße Spinnen aufmerksam die überall an den Wänden hingen. Es musste sich um eine Art Schimmel handeln, der die Spinnen weiß werden ließ. Die Spinnen waren noch so an den Wänden, wie sie verstorben waren – und das sah bei manchen wirklich faszinierend aus. Aus diesem Grund ging ich noch einmal zurück zum Rucksack um meine Kamera zu holen. Ich fotografierte einige von ihnen. Dabei kam ich auch allmählich tiefer in den Stollen und konnte so nebenbei feststellen, dass dies der richtige Stollen war. Ich begutachtete die Stelle, wo ich damals den Calcit gefunden hatte. Es sah nicht sehr gut nach neuen Funden aus. Also ging ich noch etwas tiefer in den Berg hinein um noch ein paar Spinnen zu fotografieren. Nach ca. 100 Metern war dann der Stollen zu Ende. Ich kehrte um und ging hinaus um meinen Rucksack zu holen.
Dieses tote Spinnentier hängt besonders dramatisch an der Wand und erinnert mich an ein Skelett
Totes Spinnentier mit lebenden Artgenossen
Bei der Fundstelle angelangt, legte ich den Rucksack ab und begutachtete die Stelle mit einer besseren Lampe. Es handelte sich um eine Calcitader, die im oberen Bereich des Stollens entlanglief. Die Calcitader war auf einer Länge von etwa 2 Metern etwas breiter. In diesem Bereich öffnete sich der Calcit zu kleinen Hohlräumen, wo auch kleiner Calcit bis ca. 1 cm Größe auskristallisiert war. An einer Stelle war ein länglicher Hohlraum, der in einem Winkel von ca. 45 Grad schräg nach oben zog. Der Hohlraum hatte einen Durchmesser von ca. 20 cm und war ca. 50 cm tief. Dort war schon auf Calcit gearbeitet worden und von diesem Bereich kam auch das Stück, das ich damals gefunden hatte.
Der hintere Bereich des Hohlraumes wo die Arbeit fortgesetzt wurde
Der Hohlraum war auf der Seite noch teilweise mit kleinen Calciten bewachsen, doch ansonsten gab es keine weiteren Anzeichen. Zuerst versuchte ich mein Glück in dem ich die Calcitader außerhalb des Hohlraumes bearbeitete. Nach mehreren Versuchen und ca. einer Stunde Stemmarbeit gab ich diese Stelle auf. Nun versuchte ich mein Glück direkt im hinteren Bereich des Hohlraumes. Doch zuerst musste ich sämtliche Spinnen, die sich dort verkrochen hatten sanft davon überzeugen, dass sie sich eine andere Nische suchen sollten. Nach einem hektischen Durcheinander war schließlich auch der letzte Bewohner fort, und ich konnte meine Arbeiten beginnen. Mit meinem langen Meisel und den Klufthaken versuchte ich im hinteren Bereich mein Glück. Doch auch hier hatte ich keinen Erfolg. Ich stellte meine Arbeiten ein und begann den Stollen genau abzusuchen. Doch ich konnte keine weitere interessante Stelle entdecken. Ich kehrte zur Fundstelle zurück und wollte meinen Rucksack zusammenpacken. Erfolglos nach Hause zu gehen ist in solchen Situationen nicht sehr lustig und man will es nicht akzeptieren, dass man nichts gefunden hat. Aus diesem Grund schaute ich noch einmal in den Hohlraum. Dabei nahm ich meine Stirnlampe in die Hand und leuchtete den hintersten Bereich genau aus. Dabei fiel mir auf, dass im hintersten linken oberen Bereich etwas matt glänzte. Ein kleiner Funken Hoffnung stieg in mir auf, und ich holte mein Werkzeug wieder aus dem Rucksack. Ich begann mit meinen beiden Klufthaken in diesem Bereich zu arbeiten. Zu meiner Freude konnte ich schon bald feststellen, dass hier ein Hohlraum mit Calciten sein musste. Mein Meisel war für diesen Bereich schon zu kurz. Daher musste ich langwierig mit den beiden Klufthaken den vorderen Bereich des Hohlraumes öffnen. Das funktionierte nur weil der Schiefer in diesem Bereich relativ weich war. Das glänzende Stück wurde immer größer schien aber fest auf der Seite angewachsen zu sein. Ich überlegte ein paar Mal, ob ich meine Arbeiten abbrechen und mit einem längeren Werkzeug zurückkommen sollte. Die Vernunft riet mir zu dieser Vorgangsweise, doch ich konnte von der Stelle nicht ablassen. Langsam verbreitete ich den Bereich und irgendwann wagte ich es den Klufthaken bei einer Stelle des Calcites einzuhängen und vorsichtig daran zu ziehen. Und wirklich: Er bewegte sich ganz leicht! Dann ging alles sehr schnell. Kurze Zeit später hatte ich ein größeres Calcitstück in der Hand und weitere sollten relativ schnell folgen. Ich war überrascht und erfreut zugleich.
Die erste frisch geborgene Calcitstufe
weitere frisch geborgene Stücke
Zu Hause angekommen erzählte ich voller Freude Maria von meinem unerwarteten Fund. Ich begann sofort die Stücke zu waschen. Leider ist es nur allzu oft, dass ein frischer Fund am Berg besser aussieht, als zu Hause wenn er gewaschen ist. Hier jedoch war es genau umgekehrt: Die schmutzigen Calcite zeigten nach dem Waschen erst ihre wahre Qualität und Glanz. Die Calcite sind zum größten Teil als Schwimmer auskristallisiert und erreichen mit einem Durchmesser von bis zu 10 cm beachtliche Größen. Die Oberflächen zeigen oft eine geätzte Struktur und sind hochglänzend. Oder sie sind flach und mit einer länglichen fächerförmigen Struktur, ebenfalls hochglänzend. Im Idealfall ist ein hochglänzender transparenter Kristall als 2. Generation aufgewachsen. Die Farbe wechselt abhängig von der Lichtquelle von hellorange im Kunstlicht zu hellgelb im Tageslicht. Unter UV Licht zeigt der Calcit bereichsweise eine intensive orangerote Farbe.
Frisch gewaschene Calcit Schwimmerstufe
Bei der zweiten Begehung auf diese Fundstelle wurde mit längerem Werkzeug der Hohlraum aufgearbeitet. Ich konnte auch an diesem Tag noch ein paar schöne Stücke bergen. Dieser Fund hat mich in seiner Größe und Qualität wirklich überrascht. Er ist eine Bereicherung für meine Lokalsammlung. Umso mehr, wenn man die Lokalität beachtet. Ich hätte nie gedacht, dass ich Mineralien aus Ramingstein in meine Vitrine stellen würde. Wirklich ein guter Saisonstart!
Calcit als Schwimmer, kristallisiert mit einer zweiten Generation. Dies war das Stück, auf das ich im Hohlraum durch den matten Glanz aufmerksam wurde. Es war auch das erste Stück, das geborgen wurde, 9 x 7.3 x 4.5 cm
Schwimmerstufe mit einer 2. Generation, 9.7 x 6.8 x 4.3 cm
Großer Einzelkristall auf Matrix mit einer zweiten Generation überwachsen,...
...die im UV Licht besonders kräftig leuchtet, 11 x 9.2 x 6.5 cm
Calcit Schwimmerstufe mit etwas Matrix. Der Calcit zeigt im unteren Bereich eine feingliedrige Fächerung und im oberen Bereich eine zweite Generation mit hochglänzenden transparenten Kristallen, 6.8 x 4.4 x 2.5 cm
Eine weitere Calcit Schwimmerstufe, die feingliedrige Fächerung ist hier auf der Rückseite mit etwas Matrix und einer zweiten Generation mit kleineren Kristallen, 6.5 x 4.8 x 3.3 cm
Schwimmerstufe mit feingliedriger Fächerung und einer großen 2. Generation, 5.8 x 3.7 x 3.4 cm
Hochglänzender transparenter Calcit als Schwimmer und einer zweiten Generation an den Seiten, 4.7 x 3.7 x 2.8 cm
Calcit als Schwimmer, kristallisiert mit einer zweiten Generation. Dies war das Stück, auf das ich im Hohlraum durch den matten Glanz aufmerksam wurde. Es war auch das erste Stück, das geborgen wurde, 9 x 7.3 x 4.5 cm
Schwimmerstufe mit einer 2. Generation, 9.7 x 6.8 x 4.3 cm
Großer Einzelkristall auf Matrix mit einer zweiten Generation überwachsen,...
...die im UV Licht besonders kräftig leuchtet, 11 x 9.2 x 6.5 cm
Calcit Schwimmerstufe mit etwas Matrix. Der Calcit zeigt im unteren Bereich eine feingliedrige Fächerung und im oberen Bereich eine zweite Generation mit hochglänzenden transparenten Kristallen, 6.8 x 4.4 x 2.5 cm
Eine weitere Calcit Schwimmerstufe, die feingliedrige Fächerung ist hier auf der Rückseite mit etwas Matrix und einer zweiten Generation mit kleineren Kristallen, 6.5 x 4.8 x 3.3 cm
Schwimmerstufe mit feingliedriger Fächerung und einer großen 2. Generation, 5.8 x 3.7 x 3.4 cm
Hochglänzender transparenter Calcit als Schwimmer und einer zweiten Generation an den Seiten, 4.7 x 3.7 x 2.8 cm